Interkommunale Zusammenarbeit
Gemeinsam stark - interkommunale Zusammenarbeit bringt viele Vorteile für Kommunen.
© 123rf.com/profile_nenetus

Interview

Wie gelingt interkommunale Zusammenarbeit bei der Digitalisierung?

In dem Netzwerk „re@di – regional.digital“ haben sich neun Kommunen zusammengeschlossen. Bretten, Bruchsal, Bühl, Ettlingen, Gaggenau, Rastatt, Rheinstetten, Stutensee und der Stadtkreis Baden-Baden gehen die Digitalisierung ihrer Verwaltungen gemeinsam an. eAkte oder digitale Bürgerdienste – das preisgekrönte Netzwerk hat bereits zahlreiche Aufgaben umgesetzt. Was es braucht, um mit mehreren Kommunen etwas auf die Beine zu stellen, verrät der Leiter der Stadtverwaltung Gaggenau, Georg Feuerer.

KOMMUNAL: Herr Feuerer, was ist das Rezept für eine erfolgreiche interkommunale Zusammenarbeit?

Georg Feuerer: Ein wichtiger Faktor ist die Motivation, etwas zusammen bewirken zu wollen. Wenn das nicht gegeben ist, braucht man nicht anzufangen. Die Beteiligten sollten bereit sein, etwas auszuprobieren und Neues zu wagen. Und sie müssen zusammenarbeiten wollen, was ein gewisses Maß an Verlässlichkeit voraussetzt. Dazu kommt eine klare Struktur. Wir bei re@di werden von einer externen Agentur unterstützt, die moderiert und uns antreibt. Das finde ich sehr hilfreich.

Gibt es auch Reibungspunkte, wenn zum Beispiel ein Projekt nicht so läuft, wie erhofft?

Natürlich klappt nicht immer alles. Wir haben auch schon Projekte eingestellt, weil sie stagnierten oder nicht funktioniert haben. Das passiert, wenn man Dinge ausprobiert. Das ist aber nicht schlimm. Wichtig ist, offen und ehrlich darüber zu sprechen, wenn Projektgruppen nicht mehr weiterkommen – bevor die Beteiligten unnötig Zeit dafür verschwenden.

Haben Sie ein Beispiel?

Beim Thema digitaler Rechnungsworkflow war das kürzlich der Fall. Ursprünglich hatten wir geplant, dass alle Kommunen bei dem Projekt mitmachen. Doch als sich herauskristallisierte, wie umfangreich das Thema ist, sind die meisten ausgestiegen. Übrig blieb eine Kommune, die das Thema dann allein erfolgreich umgesetzt hat.

Was war die Motivation für das interkommunale Netzwerk?

Initiiert hat das Netzwerk der Oberbürgermeister von Ettlingen, Johannes Arnold. 2019 lud er die anderen Städte ein, mit dem Wunsch die Digitalisierung in der Verwaltung gemeinsam anzugehen. Das Interesse war groß – insbesondere auch wegen rechtlicher Anforderungen wie die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Digitale Leistungen in der Verwaltung ist ein Thema, das gerade für kleinere Kommunen eine große Herausforderung darstellt. Es fehlen die Ressourcen, um umfangreiche Digitallösungen zu erarbeiten. Ein Netzwerk eröffnet mehr Möglichkeiten.

Georg Feuerer
Georg Feuerer ist Leiter der Stadtverwaltung Gaggenau und von Beginn an bei re@di – regional.digital dabei.

Was beschäftigte Sie damals?

Die digitalen Bürgerdienste. Bei diesem Thema standen wir damals ganz am Anfang. Andere Kommunen hatten bereits einzelne Dienstleistungen umgesetzt. Zusätzlich beschäftigten wir uns mit der digitalen Aktenführung und der Einführung eines digitalen Dokumentenablagesystems.

Was hat Gaggenau mittlerweile umgesetzt innerhalb des re@di-Netzwerks?

Im Bereich Baurecht läuft bei uns alles digital. Da waren wir vorne dabei. Seit letztem Jahr ist es Vorschrift, dass sowohl Bauanträge als auch die Genehmigungen nur noch digital abgewickelt werden. Und das klappt bei uns.

Inwieweit profitieren die Kommunen von der Zusammenarbeit?

Der Austausch untereinander ist sehr wertvoll. Wir treffen uns etwa alle zwei Monate. Themen und Projektideen werden in Fachgruppen mit ein bis zwei Vertretern aus jeder Stadt festgelegt. Projektgruppen vertiefen bestimmte Aspekte. Mit dabei sind Mitarbeitende aus den Verwaltungen, die entweder technisch oder fachlich zu den einzelnen Projekten etwas beitragen können.

Es gibt mittlerweile zehn verschiedene Arbeits- und Projektgruppen, in denen über 80 Mitarbeitende aus den neun re@di-Verwaltunge zusammenarbeiten: Was beschäftigt die Verwaltungen derzeit besonders?

Da gibt ein einiges, die Projektgruppe zu digitalen Bürgerdiensten beschäftigt sich aktuell mit dem virtuellen Rathaus. Außerdem spielt das neue Onlinezugangsgesetz 2.0 eine große Rolle. Hier gilt es, Prozesse zu entwickeln und an Fachverfahren anzubinden. Das Ziel ist, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr ins Rathaus müssen, sondern sämtliche Dienstleistungen von zu Hause aus erledigen können. Aber das ist noch ein weiter Weg.

Welche Vorteile bringt die Zusammenarbeit speziell für Digitalisierungsmaßnahmen?

Es gibt Projekte, bei denen sich Kommunen zusammenschließen und sich einen IT-Dienstleister teilen. Gemeinsam entwickelt haben wir zum Beispiel eine Engagementplattform für ehrenamtliche Tätigkeit. Das hilft, finanzielle oder auch personelle Ressourcen einzusparen – oder effektiver einzusetzen. Ein weiterer Vorteil von gemeinsamen Digital-Projekten sind einheitliche Standards und Schnittstellen. So werden Einzellösungen vermieden.

Sehr praktisch finde ich unsere gemeinsame entwickelte Kollaborationsplattform auf Basis von Nextcloud. Dort erhalten wir im Chat unkompliziert Hilfe oder sogar Lösungsvorschläge. Es gibt einen ehrlichen Austausch und wir reden auch über Lösungsansätze, die nicht gut funktionieren. Es gibt Tipps, was stattdessen funktioniert – und das spart jede Menge Zeit und Geld.

Ein letzter Geheimtipp für eine erfolgreiche Zusammenarbeit?

Die Beteiligten sollten auch ein bisschen Spaß haben. Wir sprechen immer vom Re@di-Spirit. Der entsteht nicht nur in produktiver Zusammenarbeit, sondern auch beim gemeinsamen Feiern.

Georg Feuerer ist Leiter der Stadtverwaltung Gaggenau und von Beginn an bei re@di – regional.digital dabei.

Mehr Informationen zum interkommunalen Netzwerk re@di – regional.digital.

Ausgewählte Projekte:

1-2-3 r@di ist eine gemeinsame Videokonferenzlösung der Städte Baden-Baden, Bretten, Bruchsal, Bühl, Ettlingen, Rastatt und Stutensee.

re@di2Translate ist ein datenschutzkonformer, nicht-kommerzieller Übersetzungsdienst.

Fotocredits: Pressefoto