
Der Fall Neukloster
Beschwerde abgelehnt: Rechtsextremist darf nicht Bürgermeister werden
Was passiert, wenn ein Rechtsextremist Bürgermeister werden will? In Neukloster in Mecklenburg-Vorpommern wollte AfD-Politiker Haik Jaeger genau das – doch der Wahlausschuss stoppte ihn. Der Verfassungsschutz stufte Jaeger als gewaltbereiten Extremisten ein, mit mutmaßlichen Verbindungen zur Prepper-Gruppe „Nordkreuz“. Wegen mangelnder Verfassungstreue wurde seine Kandidatur abgelehnt.
Gemeindewahlausschusses und Kreiswahlausschuss hatten am Mittwoch das letzte Wort. Dessen Mitglieder mussten darüber entscheiden, ob Haik Jaeger im Fall seiner Wahl zum Bürgermeister in ein Beamtenverhältnis auf Zeit erhoben werden kann. Diese Entscheidung gegen seine Zulassung kann Haik Jaeger nicht mehr vor der Wahl anfechten. Kreiswahlleiter Eike Albrecht wies aber darauf hin, dass die Bürgermeisterwahl von Neukloster an sich später angefochten werden kann. Ende Juni findet die Wahl in Neukloster mit drei Kandidaten statt.
Doch was ist der Grund für die Entscheidung? Bürgermeister in Mecklenburg-Vorpommern sind Wahlbeamte – und Beamte müssen auf dem Boden der Verfassung stehen. Ein Extremist im Rathaus? Undenkbar!
Nicht nur Bürgermeister – auch Stellvertreter müssen loyal sein
Ein weiterer Fall zeigt: Auch Ehrenämter sind kein rechtsfreier Raum. In einer anderen Gemeinde wurde ein Politiker der rechtsextremen Partei Die Heimat (NPD-Nachfolge) zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Die Kommunalaufsicht schaltete sich sofort ein – wegen „erheblicher Bedenken“ an seiner Verfassungstreue. Auch Ehrenamtler müssen den Amtseid auf die Verfassung leisten. Wer den Staat vertreten will, muss ihn auch tragen können.
Was das Gesetz verlangt – und warum es das tut
Beamte müssen loyal zur Verfassung stehen – das steht nicht nur im Grundgesetz (Art. 33 Abs. 5), sondern konkret im Beamtenstatusgesetz (§ 7 Abs. 1 Nr. 2). Nur wer „die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten“, darf verbeamtet werden. Und das bedeutet mehr als ein Lippenbekenntnis.
Die Grundordnung schützt zentrale Werte: Menschenwürde, Demokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Meinungsvielfalt. Wer diese Prinzipien bekämpft, hat im Staatsdienst nichts verloren – auch nicht auf Zeit.
So läuft der Verfassungstreue-Check ab
Der Check auf Verfassungstreue ist kein Generalverdacht, sondern ein anlassbezogenes Verfahren. Jeder Kandidat für ein kommunales Hauptamt muss eine Loyalitätserklärung abgeben. Wird ein Extremismus-Verdacht laut, prüfen Kommunalaufsicht und Verfassungsschutz.
Entscheidend ist das Gesamtbild:
- War der Kandidat Funktionär in einer extremistischen Organisation?
- Gab es Aufrufe gegen die freiheitliche Grundordnung?
- Taucht er bei rechtsextremen Demos auf?
- Verbreitet er verfassungsfeindliche Inhalte online?
Alle diese Indizien fließen in die Bewertung ein – immer im Einzelfall, nie pauschal.
Was Kommunen konkret tun können
Kommunen sind keine Zuschauer der Demokratie – sie stehen in der Pflicht. Was also tun bei Verdacht?
1. Prävention statt später Ärger
Verfassungstreue muss von Anfang an Thema sein – bei der Vereidigung, in Schulungen, im Führungsalltag.
2. Klare Meldewege etablieren
Wenn Beschäftigte Extremismus-Anzeichen erkennen, brauchen sie sichere Anlaufstellen – beim Rechtsamt oder Personalrat.
3. Gesetzliche Möglichkeiten ausschöpfen
Kommunalwahlgesetze wie in MV oder Thüringen erlauben den Zugriff auf Verfassungsschutzinfos bei konkretem Verdacht. Nutzen, nicht zaudern!
4. Jeder Fall zählt einzeln
Auch ein AfD-Parteibuch ist kein automatischer K.O.-Grund – aber ein Warnsignal. Dann gilt: prüfen, dokumentieren, abwägen.
5. Nicht nur reden – handeln
Wenn die Verfassungstreue fehlt, gibt es Mittel: Wahlverweigerung, Disziplinarverfahren, Amtsenthebung. Die Demokratie muss sich wehren können – auch im Rathaus.
Mut zur wehrhaften Kommune
Der Fall Jaeger ist kein Einzelfall. In ganz Deutschland geraten immer wieder Extremisten in Ämter – und teils wieder raus. Von Hans Püschel (Sachsen-Anhalt) bis Robert Sesselmann (Thüringen): Die Liste ist lang, die Debatte hitzig.
Doch eines ist klar: Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist keine Option – sie ist die Geschäftsgrundlage des Staates. Wer sie ablehnt, kann nicht Teil der Verwaltung sein.
In einem ausführlichen juristischen Artikel haben wir den Fall Neukloster aber auch die Bedeutung des noch laufenden Verfahrens zum AfD Landrat Robert Sesselmann für die Praxis genau beleuchtet. Unsere KPlus Nutzer können diesen ausführlichen Hintergrundartikel und die darin enthaltene Handreichung für Kommunen jederzeit abrufen: