
Praxisbeispiele zum Nachmachen
Energiewende in Kommunen: Zwischen Hoffnung und Wahnsinn
Solarstrom vom Schuldach, kommunale Wärmenetze, energetisch sanierte Rathäuser: Klingt wie Zukunftsmusik, ist aber vielerorts längst Realität – zumindest auf dem Papier. Denn während Berlin und Brüssel große Ziele formulieren, kämpfen Bürgermeister in Orten wie Gummersbach oder Gunzenhausen mit ganz irdischen Problemen: zu wenig Leute, zu wenig Geld, zu viel Bürokratie.
Björn Weber bringt es im Gespräch auf den Punkt: „Klimaschutz ist keine Pflichtaufgabe – und genau das macht’s so schwer.“
Kapitel 1: Die Ausgangslage – Kommunen am Limit
Die Energiewende ist ein Marathon. Oder, wie es Weber nennt, eine Herkulesaufgabe. Dabei ist die Aufgabenliste so lang wie unübersichtlich:
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Kommunale Klimaschutzkonzepte erstellen
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Fördermittel beantragen und verwalten
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Bürger beteiligen – aber gleichzeitig Ängste ernst nehmen
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Wärmenetze planen, PV-Anlagen installieren, Gebäude sanieren
Doch wer macht das alles? In vielen Gemeinden ist die Realität ernüchternd: Der Bauhof hat zwei Mitarbeiter, das Rathaus kein Klimaschutzmanagement, und für die Förderanträge reicht die Kraft gerade mal bis zum Kopierer.
Kapitel 2: Fördermittel – Schatztruhe mit doppeltem Boden
Zwar gibt es reichlich Fördermittel – etwa über die Nationale Klimaschutzinitiative oder diverse Landesprogramme. Doch was nützt das schönste Geld, wenn niemand da ist, um den Antrag zu schreiben? Der Experte betont: „Gerade kleinere Kommunen brauchen niederschwellige Beratung. Klimaschutzagenturen und Energieagenturen können hier viel leisten.“
Ein echter Lichtblick: Fördergelder für Klimaschutzmanager, die für drei bis fünf Jahre eingestellt werden können. Aber auch hier gilt: Erstmal finden muss man sie – und bezahlen können muss man sie auch.
Kapitel 3: Bürgerbeteiligung – Zwischen Windkraftfrust und Mitmachlust
Die große Kunst liegt in der Kommunikation. Denn viele Bürger sind genervt. Heizungsgesetz, Blackout-Gerüchte, steigende Strompreise – da wird die PV-Anlage auf dem Rathausdach schnell zur Zielscheibe der Wut.
Dabei kann Beteiligung auch ganz anders aussehen: Weber verweist auf Erfolgsmodelle wie Bürgerwindparks und Energiegenossenschaften – etwa in Fuchstal (Bayern) oder Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog (Schleswig-Holstein). Dort profitieren Bürger direkt vom Windrad vor der Haustür – auch finanziell. Die Folge: Akzeptanz wächst, Widerstände sinken.
Kapitel 4: Wärmeplanung – Der neue Kraftakt
Spätestens 2026 müssen alle Kommunen unter 100.000 Einwohner einen kommunalen Wärmeplan vorlegen – Pflicht statt Kür. Aber wie soll das funktionieren, wenn bundesweit nur ein paar Dutzend Fachplaner unterwegs sind?
„Realistisch ist das nur mit regionaler Zusammenarbeit und standardisierten Verfahren“, so Weber. Gleichzeitig fordert er, frühzeitig seriöse Planungsbüros einzubinden – und warnt vor Schnellschüssen. Denn der Plan ist nur der Anfang. Der eigentliche Kraftakt folgt beim Bau: Straßen aufreißen, Rohre verlegen, Netze koppeln. Klingt nach Jahrzehnten – nicht nach Deadlines.
Kapitel 5: Schuldenfalle oder Sparschwein?
Kritiker warnen: Die Energiewende könnte Kommunen finanziell überfordern. Doch Weber hält dagegen: „Langfristig spart sie Geld.“ Durch energetische Sanierung sinken die Betriebskosten, kommunale Haushalte gewinnen neue Spielräume.
Aber: Die Vorfinanzierung bleibt eine Hürde. Wer investiert, bevor er spart, braucht Rücklagen – oder eben Fördermittel. Und eine belastbare mittelfristige Planung.
Kapitel 6: Blackout-Angst – berechtigt oder Panikmache?
Ein brisantes Thema: Kommt es bei zu viel Ökostrom wirklich zum Blackout? Weber glaubt im Gegensatz zu vielen anderen Experten nicht daran und gibt Entwarnung: „Heute können Energieversorger private Solaranlagen runterregeln, wenn es zu viel Strom im Netz gibt.“ Anders als in Spanien oder Italien, wo es zu massiven Ausfällen kam, sei das Risiko hierzulande technisch gut kontrollierbar.
Dennoch: Katastrophenschutz bleibt Pflicht. Notstromaggregate, Vorsorgepläne, Kommunikation mit der Bevölkerung – all das gehört ins Repertoire jeder Kommune.
Kapitel 7: Großbatterien – Gold der Zukunft?
Die Frage, ob Kommunen selbst Großbatteriespeicher bauen sollten, beantwortet Weber skeptisch. Sinnvoller sei die Zusammenarbeit mit Energieversorgern – öffentlich oder privatwirtschaftlich. Die Speicher sichern Versorgungssicherheit in der Dunkelflaute und helfen, Schwankungen im Netz abzufangen. Eine zentrale Rolle auf dem Weg zur Unabhängigkeit.
Kapitel 8: Genehmigungen, Bürokratie, Wahnsinn
Windrad bauen? Viel Glück! Vom Umweltgutachten bis zur Bürgerklage dauert es oft Jahre. Planungsverfahren sind das Nadelöhr der Energiewende. Weber fordert: „Mehr Geschwindigkeit durch schlankere Prozesse.“
Dabei geht es nicht um weniger Kontrolle – sondern um mehr Pragmatismus. Wer jede einzelne PV-Anlage durch das Planungsrecht quetscht, wird den Ausbau nicht stemmen. Beispielhafte Projekte wie in Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg zeigen: Es geht auch schneller.
Kapitel 9: Erste Schritte – Wo sollen kleine Kommunen anfangen?
Die gute Nachricht: Es braucht keinen Masterplan, um loszulegen. „Vor der eigenen Tür kehren“, rät Weber. Konkret heißt das:
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Energieverbräuche der kommunalen Liegenschaften analysieren
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Mitarbeiter sensibilisieren
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PV-Anlagen auf kommunale Gebäude
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Einfache Maßnahmen zuerst: Beleuchtung, Heizsteuerung, Dämmung
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Kommunikation mit dem Gemeinderat stärken
Wer vorlebt, überzeugt. Und kann dann schrittweise Bürger, Unternehmen und Vereine mitnehmen.
Kapitel 10: Zwischen Mut und Realität – Das Fazit
Ja, die Energiewende ist teuer, anstrengend und nervig. Aber sie ist auch eine riesige Chance für Kommunen. Weniger Abhängigkeit von fossilen Energien, mehr regionale Wertschöpfung, bessere Haushaltssteuerung – und vor allem: eine echte Vorbildrolle im Klimaschutz.
Der Podcast liefert dazu nicht nur Klartext, sondern auch Mutmacher-Geschichten. Von Bürgerwindparks, die Nachbarschaften befrieden, über Förderprogramme, die wirklich helfen – bis hin zu Kommunen, die aus eigener Kraft zur Powerstadt werden.
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