
Finanzen
Erlass öffentlich-rechtlicher Abgabenforderung – ein Spiel mit dem Feuer?
Endgültiger Verzicht auf die Forderung
Der Schuldner begehrt den Erlass einer öffentlich-rechtlichen Abgabenforderung. Der Erlass unterscheidet sich wesentlich von der Niederschlagung, der Stundung oder der Ratenzahlung zum Vollstreckungsschutz. Bei der Niederschlagung von Forderungen wird nur verwaltungsintern die weitere Erhebung der Forderung, z.B. im Rahmen der Vollstreckung, zurückgestellt. Bei der Stundung oder Ratenzahlung zum Vollstreckungsschutz, die regelmäßig vom Schuldner begehrt werden, wird nur die Fälligkeit bzw. Zahlungszeitpunkt verändert. Beim Erlass hingegen verzichtet die Kommune gänzlich und unwiderruflich auf die Forderung.
Aus rechtlicher Sicht erlöschen die erlassenen Forderungen. Wurde ein Erlass ausgesprochen darf die Kommune keine Zahlungen mehr für die erlassenen Forderungen annehmen und die Vollstreckung nicht wieder aufgreifen, selbst wenn z.B. der Schuldner im Lotto gewonnen hat. Der Erlass ist deshalb aus Sicht der Kommune das letzte Mittel, vorrangig sollten andere Möglichkeiten wie die Stundung in Betracht gezogen werden.
Enge Voraussetzungen und gebotene Vorsicht
Abgabenzahlungen sind immer mit Härten verbunden. Das bestreitet wohl niemand. Bei öffentlich-rechtlichen Abgabenansprüchen muss deshalb die Einziehung der Forderung nach Lage des einzelnen Falls unbillig sein, damit ein Erlass in Frage kommt. Die Unbilligkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der auszulegen ist. Dabei muss die Kommune u.a. die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes beachten. Diese stellt die rechtlichen Leitplanken für die Erlassentscheidung dar und bieten nur einen sehr engen Korridor zum Erlass von abgabenrechtlichen Hauptforderungen. Zur Beurteilung der Unbilligkeit im konkreten Einzelfall bedarf es deshalb zwingend einer Beweiserhebung durch die Kommune unter Mitwirkung durch den Erlassbegehrenden. Dabei muss die Kommune den Forderungsverzicht gegenüber der Gesamtheit aller übrigen Abgabenpflichtigen rechtfertigen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen müssen, ggf. modifiziert durch eine Stundung. Deshalb ist Vorsicht geboten. Schnell kann die Kommune hier einen falschen Eindruck erwecken, indem einzelne Schuldner abgabenrechtlich „bevorteilt“ werden. Davor müssen sich die Entscheidungsbefugten schützen, auch gegenüber der internen Rechnungsprüfung oder den kommunalpolitischen Gremien.
Säumniszuschläge, die ihre Funktion verlieren
Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetz, wenn Abgaben nicht zur Fälligkeit entrichtet werden. Ein Verschulden des Abgabenpflichtigen oder seine wirtschaftliche Situation ist dafür nicht von Bedeutung. Mit den Säumniszuschlägen wird in erster Linie Druck auf den Abgabenpflichtigen erzeugt, seinen Zahlungsverpflichtungen pünktlich zur Fälligkeit nachzukommen. In manchen Fällen ist das aber nicht möglich, selbst wenn es der Zahlungspflichtige möchte. Der Säumniszuschlag verliert in solchen Situationen seine wesentliche Funktion als Druckmittel. Das ist z.B. denkbar, wenn einem pünktlichen Steuerpflichtigen ein offenbares Versehen unterlaufen ist, er plötzlich erkrankte und deshalb an der Zahlung gehindert war oder wenn ihm die rechtzeitige Zahlung wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht mehr möglich ist. In diesen Fällen besteht für die Kommune die Möglichkeit zumindest teilweise auf die entstandenen Säumniszuschläge zu verzichten und einen Erlass auszusprechen.
Online-Workshop
Im Rahmen eines speziellen Workshops am 16. Juni 2025 werden die Erlassvoraussetzungen sowie die Mitwirkungs- und Nachweispflichten praxisnah besprochen. An den Webinaren kann ortsungebunden teilgenommen werden. Sie werden zudem aufgezeichnet und können so auch zeitungebunden gestreamt werden. Hier können Sie sich anmelden.